Begleittext zur Ausstellung „Immer der gleiche Raum“ von Jasmin Schmidt
von Dr. Anna-Lena Werner, Kunstwissenschaftlerin, Berlin
In ihrer Ausstellung „Immer der gleiche Raum” zeigt die Künstlerin Jasmin Schmidt mehrere neue Arbeiten, die sie als voneinander unabhängige Bildorte betrachtet. Darauf finden flüchtige, niemals eindeutige Begegnungen statt – wortwörtliche Nahtstellen zwischen Narrativen und Orten, die hier auf einem Bild zusammenfinden. Wiederholungen treten innerhalb einzelner Arbeiten, wie auf einer gedruckten Tapete, auf. Vereint sind die Malereien durch ihre Suchbewegungen danach, was sich schwer ausdrücken und fassen lässt, was unbewusst Einfluss nimmt und was vergangen, aber noch spürbar ist. Wie kurze Erinnerungsmomente, lassen sich stets Bezüge erahnen – etwa das Design der hoffnungsvollen 1960er Jahre – die jedoch gleich wieder gegen ein anderes Material, Grundierungen, ein figuratives Motiv oder ein Muster ausgespielt, und somit relativiert werden. Auch kunsthistorisch besetzte Motive, wie „Seestücke” (2021) tauchen auf, und werden als Kommentare auf vergangene ästhetische Konzepte dekonstruiert. So sind die vier gespiegelten Figuren der „Arabesken” (2021) als Referenz, aber nicht als alleinige Protagonistinnen zu verstehen. Ebenso dominant wirkt das rautenförmige Raster des Baumwollstoffs, das Schmidt nach dem Leimen zunächst faltete, dann vernähte und erst in einem letzten Schritt die Tänzerinnen in einer dünnen Ölschicht auftrug.
Jasmin Schmidts Arbeiten ausschließlich als Bilder zu begreifen, wird diesen nicht gerecht. Denn die Haptik der gefalteten, miteinander vernähten, unterschiedlich grundierten und schließlich fein übermalten Stoffe, nehmen objekthafte Züge an. Sie öffnen darum nicht nur das Spektrum ihres eigenen Bildraums, sondern treten auch mit dem tatsächlichen Raum in einen Dialog. Deutlich wird das in der Arbeit „Zitadelle” (2021), für die Schmidt circa 80 bunte Lodenstreifen wie einen Flickenteppich minutiös zusammengenäht, dann geleimt, grundiert und schließlich die Formen von Bauklötzen mit Tusche auf den Stoff gemalt hat. Während die auf Keilrahmen gespannten Ränder die vielen bunten Enden der Lodenstreifen offenbaren, führt die Grundierung des Wollstoffs dazu, dass die Textur der Oberfläche gleichzeitig stabil und weich erscheint, und sich von der Wand loslöst.
Besonders deutlich wird der zeitintensive künstlerische Produktionsprozess bei den Papierarbeiten, in denen die Künstlerin sich vorsichtig an Motive herantastet, die sie durch Auswaschung löscht, neu zeichnet, überlagert, schichtet – bis sie etwas gänzlich anderes herausschält, das sich aus seiner Ursprungsform lösen kann und soll. Diese Prozesse führen hier, und auch bei den anderen Arbeiten, zu Bildräumen, die von einer Zeitlichkeit befreit sind. In ihnen machen Anklänge, Verbindungen und Spuren die Veränderlichkeit von Räumen deutlich: Ein Raum wird nie der gleiche sein, er ändert sich stetig.