In der schwarzweissen Werkreihe dominiert ein sattes, mattes Schwarz. Das Papier ist robust, fast lederartig, hautähnlich, zudem geprägt durch ein vertieftes, quadratisches Raster. Hier arbeitet die Künstlerin subtraktiv, sie nimmt weg - eine bildhauerische Arbeitsweise in der Zeichnung. Das eingeprägte Raster beherbergt eine unendliche Fülle von Möglichkeiten, Linien herauszuschälen und sichtbar zu machen. Durch die unterschiedliche Dichte der weissen Linien entstehen verschiedene Tiefen von Schwarz, bis hin zu verschiedenen Grauwerten.
Ausgangspunkt der farbigen Werkreihe sind dagegen in mattem Blau grundierte Blätter aus einfachem, sprödem, holzhaltigem Papier. Die Künstlerin hat es abgegriffen und staubig vorgefunden, um es vor und nach dem Farbauftrag zu polieren. Hier arbeitet sie additiv, fügt mit viel Wasser angereicherte Acryltusche hinzu. Schicht für Schicht wird die Farbe aufgetragen, aufgesprüht, tröpfchenweise hinzugefügt. Es bilden sich Farbpfützen, kleine Seen, die Feuchtigkeit hinterlässt Spuren, das Papier wird wellig, auch der Rand formt und wölbt sich nach innen. Die blaugrünbraunen Farbtöne beginnen durch Reflektierung auf dem unebenen Papier zu schillern.
Susanne Roth lässt das Vorgefundene zum einen in seiner stillen Schönheit und Selbstverständlichkeit sprechen, versieht es zum anderen mit eigenen, subtilen und präzisen Spuren. In einer Welt der digitalen Wort- und Bilderflut hat es fast etwas Tröstliches: gerade das Weglassen, die reduzierte Form, die leise Eindringlichkeit dieser Papierarbeiten lenkt uns auf neue Spuren, verleiht dem Gewöhnlichen eine überraschende Schönheit und erstaunliche Kostbarkeit.